Acht Ansichten eines Baumes

von Anne P.

„Acht Ansichten eines Baumes, ach ja, jetzt werde ich plötzlich gefragt, nach all den Jahren in denen ich hier schon stehe und meine Blätter rauschen lasse. Acht Ansichten eines Baumes also. Warum acht? Warum nicht sieben oder neun? Und wozu überhaupt? Ich meine, in Bezug auf welches Thema? Den Weltfrieden? Mistkäfer oder was? Und warum gerade ich? Diese Esche da vorne, die immer alle bewundern, warum nicht sie? Die könnte wahrscheinlich ohne Zögern acht Ansichten preisgeben, wozu auch immer. Tut sie auch ungefragt. 
Gut, ich will ja nicht unhöflich sein. Und wenn ich schon mal gefragt werde. Aber ich garantiert für nix, nicht mal das es acht werden. Also, nun dann, also
1. Die Esche da drüben wird überbewertet. Gibt viel schönere Exemplare hier, die weniger hochnäsig sind.
2. Der Sohn des Försters sollte die Finger von den Mädchen lassen. Jedes Wochenende poussiert der hier mit einer anderen rum. Das kann ja nicht gut gehen.
3. Die Pappel an sich wird unterbewertet, besonders die Silberpappel. Nicht ich jetzt unbedingt, nur so allgemein.
4. Hunde nerven, besonders Rüden. Dieses an die Rinde Gepinkle. Stellen Sie sich das bitte mal vor: Jeden Tag muss ich das aushalten. Damit sie ihr imaginäres Revier markieren können. Ekelhalft ist das!
5. Der Sommer war zu nass, aber diese Ansicht haben ja wohl alle.
Puh, fünf habe ich schon. Ich bin ganz gut, oder? Noch drei:
6. Also, tja, hatte ich schon gesagt, dass Pappeln unterbewertet sind? Oh, ja, gut. Birken übrigens auch, sehr hübsche Bäumchen in der Regel, und eine wirklich hübsche Rinde.
7. Noch zwei: Der Specht könnte mal umziehen. Der nervt langsam mit seinem Geklopfe.
8. Gut unter uns, weil mir auch gar nichts sehr einfällt: Eigentlich wäre ich gern einen Eiche, aber sagen Sie das niemanden. Ist doch auch ne Ansicht, oder?