Wolfsfreundschaft

Eine kleine Geschichte für Kinder - erzählt von Barbara Kenner ...

Teil 12: Anneliese porbiert ihre neuen Fähigkeiten...

Am Morgen nach dem Fest war Anneliese ganz aufgeregt. Sie hatte ja jetzt ein Geschenk bekommen, aber wie es nutzen ? Désirée hatte ihr gesagt, dass sie einfach nur mit ihrem rechten Vorderhuf dreimal auf den Boden stampfen müsste und schon wäre sie unsichtbar. Vielleicht war ja heute der richtige Tag um das auszuprobieren. Und so stampfte sie dreimal auf den Boden und während sie noch den Huf hob vom dritten Mal stellte sie fest, dass sie ihr eigenes Bein nicht mehr sehen konnte. Sie sah sich um, ob irgendwer zugesehen hatte, aber sie war alleine unter der Buche am Waldrand, abgeschirmt von herunterhängenden Ästen. Sie versuchte, ein wenig aus ihrem Versteck herauszukommen und stellte dabei fest, dass es gar nicht so einfach ist, unsichtbar zu sein. Normalerweise sah sie nämlich ihre Beine und sah, wo sie sie hinsetzte wenn der Waldboden uneben war. Aber auch sie selbst konnte nichts mehr sehen. Mit etwas Übung allerdings wurde es schon einfacher.

Nach einer Weile hatte sie das Gefühl, dass sie Griesgram gerne besuchen würde und sie lief fröhlich durch den Wald auf der Suche nach ihrem Freund. Dabei stellte sie fest, dass es gar nicht so schön ist, nicht gesehen zu werden. Keiner ihrer Freunde rief „Hallo Anneliese, wie geht’s ?“ es konnte sie ja keiner sehen. Nach kurzer Suche fand sie Griesgram. Gemütlich zusammengerollt lag er in der Nähe seiner Höhle. Und sie konnte nicht widerstehen, sie zwickte ihn in sein Rückenfell. Schnell wie ein Pfeil sprang Griesgram auf und hätte sie beinahe gebissen, aber glücklicherweise können Wölfe besser riechen, als sehen und für ihn war sie gar nicht so unsichtbar, ihr Geruch kam ihm vertraut vor und er rief „Anneliese ??!“
Anneliese stampfte schnell dreimal auf den Boden und war wieder zu sehen, woraufhin Griesgram reichlich verwirrt war. „Wie hast du denn das bloß gemacht ?“
„Ich habe ein Geschenk von den Feen bekommen, weil ich doch so gerne auf Wanderschaft will und das so gefährlich für mich ist.“
„Nun, dann hast du jetzt schon etwas gelernt, nämlich dass dir die Unsichtbarkeit bei Wölfen und auch bei unseren Verwandten, den Hunden nicht viel hilft, weil wir mit der Nase sehen. Aber ansonsten ist das glaube ich ein sehr, sehr gutes Geschenk für meine neugierige Freundin. Ich habe übrigens eine Überraschung für Dich. Komm mal mit.“ Er ging mit Anneliese zu seiner Höhle, die er seit letztem Herbst mit einer Wölfin namens Silberpfeil bewohnte und machte einige sehr seltsame dunkle Laute. Und auf einmal kamen drei kleine Wollknäule hervorgekugelt, die fiepend auf ihren Vater zustürzten.
„Oh, wie schön, Griesgram, herzlichen Glückwunsch, wie hast du denn das geheim gehalten ?“

Griesgram schaute etwas traurig drein „Ach, weißt du, wir Wölfe sind sehr viel verfolgt worden, lange, lange Zeit gab es hier in der Göhrde gar keine mehr von uns, und wir haben gelernt, uns sehr gut zu verstecken und so gut wie niemandem zu trauen. Frag mal Luise, was sie über uns gehört hat. Die Menschen erzählen sich furchtbare Geschichten über uns. Dabei sind sie selbst Fleischfresser und wirklich nicht netter als wir! Na ja, deshalb sind wir mit unseren Jungen immer sehr heimlich, denn wir lieben sie und möchten sie beschützen.“

Anneliese fühlte sich sehr geehrt, dass Griesgram ihr seine Jungen gezeigt hatte und spielte den ganzen Nachmittag in der Sonne mit Ihnen.