Wolfsfreundschaft

Eine kleine Geschichte für Kinder - erzählt von Barbara Kenner ...

Teil 14: Shoppingtour für Rehe

Es kam eine Zeit, in der Anneliese im Wald Zuhause war und immer wieder Ausflüge machte. Bei Luise war sie schon ein oft gesehener Gast – gesehen natürlich nur von Luise, deren Eltern hatten keine Ahnung mit wem Luise da so in ihrem Zimmer sprach. 
Sie lernte das Dorf kennen, schlich sich durch die Strassen und lernte die Gewohnheiten der Menschen kennen. Sie lernte auch mit dem gefährlichsten Wesen der Menschen, dem Auto klar zu kommen. Luise half ihr viel bei diesen Ausflügen und die beiden kicherten viel zusammen. So zum Beispiel an dem Tag, als Anneliese unbedingt in einen Supermarkt wollte. Der war eh schon einen langen Marsch entfernt, so dass Luise 11/2 Stunden mit Anneliese dorthin laufen musste. Und dann war der Markt natürlich zu eng, so dass immer wieder Menschen gegen das unsichtbare Reh stießen und sich wunderten, was das wohl sei. Leichtfüßig wie Anneliese war, war es ihr ein leichtes, schnell auszuweichen nach diesen Zusammenstößen, so dass diejenigen, die da ein weiches, felliges Etwas gefühlt hatten, es nicht ein zweites Mal berühren konnten. 

Die Gemüseecke erschien Anneliese überaus lecker – so viele unterschiedliche Salatköpfe, sie konnte sich gar nicht entscheiden. Und einige Kunden beschwerten sich an diesem Tag, dass die Salatköpfe angebissen aussehen würden, was dem Manager des Supermarktes ein absolutes Rätsel war. Noch Wochen danach beobachtete er den Gemüsestand, ob irgend jemand in Salatköpfe biss.

Richtig peinlich wurde es allerdings, als Anneliese mit einem Turm Waschmittelpulver zusammenstieß und der ganze Turm unter lautem Getöse zusammenfiel. Wie der Blitz lief sie los, setzte mit einem eleganten Sprung über eine geschlossene Kasse hinweg und wartete draußen auf Luise.

„Puh, das ist ja sehr anstrengend in diesen Supermärkten, wie haltet ihr das nur aus? Und die Kräuter im Wald schmecken auch besser – obwohl, gut aussehen tut diese Salatauswahl ja.“  Luise kam aus dem Lachen gar nicht wieder heraus und nachdem sie ein wenig Luft bekommen hatte antwortete sie „Der ist ja auch nicht für Rehe gemacht, sondern für Menschen, aber mit etwas Übung wirst du das schon hinkriegen, denn vielleicht wirst du auf Deiner Wanderschaft noch im Supermarkt etwas zu fressen brauchen.“

Die beiden übten auch mit dem Bus zu fahren. Luise stieg hinten ein und wartete etwas, damit Anneliese hineinspringen und sich im hinteren Bereich zusammenringeln konnte, woraufhin sich Luise vor sie stellte, damit nicht aus Versehen jemand auf Anneliese trat. Glücklicherweise war Anneliese ein sehr kleines Reh, so dass sie nicht so schwer unter zu bringen war. Nach einer Weile lernte Anneliese auch das Sitzen auf den Busbänken, so dass sie auf den Fensterplatz rutschte und Luise davor sass.